Agentur Passepartout – Point of Sale

Kaufst du nur oder erlebst du schon? Vom Point of Sales zum Point of Experience

Inmitten einer Shopping Mall mit weitgehend mäßig gefüllten oder gar leeren Boutiquen findet sich ein Store vor dessen Eingangspforte gleich zwei Schlangen stehen. Eine links und eine rechts von der Eingangstür. Das Holzdach des Stores erinnert an eine Surf-Hütte. Hier sind die Verkäufer nicht einfach Verkäufer, sondern so genannte „Store Models“. Wer hier Hemden stapeln will, muss neben einer makellosen Haut eine schlanke Taille oder einen Waschbrettbauch vorweisen. Durchdringende Musik einer Playlist, die aus nur 12 Liedern besteht, beschallt die Kunden. An den Wänden werden Szenen von windigen Stränden und Surf-Szenen auf Videoleinwänden abgespielt und im gesamten Store riecht es zu jeder Zeit nach einem bestimmten Parfum. Spätestens jetzt dürfte den meisten klar sein, von welchem Geschäft wir sprechen.

Die Marke Abercrombie & Fitch/ Hollister ist sicher eine der bekanntesten Marken, die einen immer wichtiger werdenden Trend des Handels schon vor Jahren einführte: Ein Einkauf dort ist ein minutiös inszeniertes Event. Das Kauferlebnis zieht den Kunden an. Und auch andere ziehen nach. Zum Beispiel: Das Highlight im innovativsten Sporthaus Europas ist die Hasewelle (Hase ist ein Fluss, der durch Osnabrück fließt), eine stehende Welle, auf der man im Geschäft Surfen lernen kann.

Zwei wichtige Entwicklungen dominieren seit einigen Jahren den Handel: Produkte und Services können überall gekauft werden. In den Geschäften vor Ort und natürlich online. Auf der anderen Seite wandelt sich unsere Gesellschaft in eine Erlebnisgesellschaft. Viele Menschen erwarten Erlebnisse beim Einkaufen oder Erlebnisse mit dem Produkt selbst. Erlebnisse, an die sie sich erinnern.

Fazit: Der stationäre Handel befindet sich im Wandel. Und wird zu einem Medienkanal für Markenerlebnisse und Geschichten – einem Einkaufserlebnis.

Denn: Der physische Raum eines Geschäftes ermöglicht dem Kunden handels- und markenspezifische Erlebnisse, die in der Online-Welt so nicht abgebildet und erlebt werden können. Und der Bezug zu uns, die wir uns tagtäglich mit der Gestaltung von einzigartigen und nachhaltigen Erlebnissen beschäftigen?
Der Soziologe Ray Oldenburg kategorisierte 1989 unsere Lebensräume in drei Orte. Neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz ist der dritte Ort Räume der Begegnung wie Geschäfte und Gastronomie. Sie alle bieten auf ihre eigene Art, die Möglichkeit für Kommunikation und Erlebnisse.

Wie schafft man einen dritten Ort?

Der dritte Ort weckt schon von außen die Aufmerksamkeit des Kunden. Er animiert den Kunden, einzutreten. Er inspiriert zu einem inszenierten Spaziergang innerhalb des Ortes. Auf diesem Spaziergang werden dem Kunden gleichzeitig Produkte vor Augen geführt, die er sonst nicht wahrgenommen und nicht gekauft hätte. Durch das Flanieren durch den Raum wird ein heimisches Wohlgefühl erzeugt. Der dritte Ort folgt einen roten Faden (Concept Line). Diese verbindet verschiedene Themen und Abteilungen eines Raumes und schafft die Wahrnehmung einer Ganzheit. Er besitzt eine Hauptattraktion, die noch einmal die Neugier des Kunden weckt und bietet für den Kunden Erholung von der Alltagshektik und steigert durch Erlebnisse und Aufenthaltsangebote die Verweildauer. Der dritte Ort erzählt eine Geschichte (Storytelling), um seine Attraktivität zu erhöhen. Was zählt, ist sich exakt mit dem Kunden zu beschäftigen, genau zu überlegen, was für ihn spannend und attraktiv sein kann und daraus dann Geschichten und Aktionen abzuleiten. Preis und Sortiment sind wichtige Faktoren, sie reichen aber nicht aus.

Von einigen wenigen Produkten abgesehen, werden wir nicht mehr die Notwendigkeit haben, in physische Läden zu gehen, um uns Produkte anzusehen, auszuprobieren, zu vergleichen und zu kaufen. Der physische Einkaufsraum, das Geschäft, wird zunehmend zum Medium, um emotional anregende Erlebnisse zu vermitteln.

Das Geschäft muss ein Ort für die erste und zweite Unterhaltung und zu unserem dritten Ort werden. Ohne eine starke Betonung der Unterhaltung haben die Kunden wenig Grund, überhaupt ins Geschäft zu gehen. Als Konsequenz heißt das, dass der Einzelhändler, um in Zukunft überlebensfähig zu sein, diesen Ansatz darauf anwenden, wie sie ihre physischen Räume planen, entwerfen, bauen und betreiben: in erster Linie Erfahrungen und Erlebnisse und in zweiter Linie Produkte.

Wie schon gesagt: Der Handel ist im Wandel. Für diesen und die Eventbranche bedeutet das aber auch viele neue Möglichkeiten und die bewusste Frage: Kaufst du nur oder erlebst du schon?

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